Dessau-Roßlau,

30 Jahre Blaue Engel

Mit den blauen Engeln ist in diesem Fall nicht das deutlich ältere Zeichen für besonders umweltschonende Produkte oder Dienstleistungen gemeint, welches seit 1978 existiert, sondern die ehrenamtlichen Kräfte vom Technischen Hilfswerk an der Alten Landebahn.
„In 30 Jahren hat sich sehr viel getan, dass man hier nicht alles aufzählen kann“, so der allererste Ortsbeauftragte Dr. Wittke. Er war es, der am 28. November 1991 im Auftrag des THW Patenlandesverbandes Niedersachsen den Auftrag erhielt, in Dessau einen Stützpunkt zu errichten. Dieser fand sein erstes zu Hause in der Dessauer Südstraße, ehe der Ortsverband im Folgejahr gegründet wurde. Der Stützpunkt ist der formaljuristische Vorgänger, bevor dieser zum Ortsverband erhoben wird. Hierzu versammelte er Personen, die schon zu DDR-Zeiten in der Zivilverteidigung gearbeitet hatten, aber auch neue junge Menschen, die das THW als Chance sahen, etwas Neues, wenn nicht auch am Anfang als Hobby anzufangen. „Somit ist für uns der 22. Februar 1992 als Geburtstag unseres ehrenamtlichen Wirkens entscheidend“ lächelt wissend der Öffentlichkeitsbeauftragte Florian Bittner in die Runde.
Bis zur Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 konnte sich ein junger Mann neben dem Wehr- oder Zivildienst auch für das THW verpflichten. „Rund 120 Stunden im Jahr Pflichtdienst mit Ausbildungen oder Übungen waren zu erfüllen und dies ohne die noch dazukommenden Einsätze“ erinnert sich der jetzige Ortsbeauftragte Daniel Freyer-Gottschalk an seine Anfänge.
Das Technische Hilfswerk ist die Zivil- und Katastrophenschutzorganisation des Bundes, welches beim Bundesministerium des Innern angesiedelt ist. Dies ist die Grundlage dafür, dass die Ausbildung deutschlandweit gleich ist, weil auch die Technik und Fahrzeuge gleich sind. Somit könnte ein in München stationiertes Fahrzeug jederzeit nach Berlin versetzt werden und die dortigen Helfer wüssten sofort, was sich hinter welcher Fahrzeugöffnung befindet. Diese Standardisierung ist der Schlüssel zum Erfolg, so Jan Krüger, der Zugführer beim hiesigen Ortsverband. Wir haben in den letzten Jahren Helfer aus den unterschiedlichsten Gegenden Deutschlands bei uns aufnehmen können, weil Sie aus persönlichen oder Arbeitsgründen in unsere Doppelstadt gezogen sind. Sie konnten sofort mit in den Einsatz fahren, da Sie genau wissen, wo was auf den Fahrzeugen ist und wie man damit umgeht.
Diese Besonderheit macht weltweit Eindruck, sodass das THW zum Exportschlager geworden ist. Die Abwehr von Katastrophen ist meist in den Händen von professionellen Abteilungen der jeweiligen Landesfeuerwehren oder gar beim Militär angesiedelt. So kam es, dass seit 2012 ein Projekt zwischen Deutschland und Tunesien existiert, dass dort ehrenamtlicher Katastrophenschutz aufgebaut wird. Im Winter des Hochwasserjahres 2013 kamen mehrere tunesische Berufsfeuerwehrmänner in das verschneite Deutschland, um sich von den THW Kameraden ausbilden zu lassen. Zurück in der afrikanischen Heimat sollte es eine Art Schneeballsystem geben, wodurch dort das Wissen an Freiwillige weitergegeben wurde. Auch dabei unterstützten zwei Dessauer Helfer, um im heißen Tunesien einen Sandsackwall zu bauen oder eine Person aus einem verunfallten Fahrzeug zu befreien und das dortige Wissen zu vertiefen. Inzwischen ist dieses Projekt auch in Jordanien, unter Dessauer Beteiligung, erfolgreich umgesetzt worden und es stehen weitere Transformationspartnerschaften, so der formelle Begriff, auf dem Plan.
Aber neben dieser besonderen Aufgabe gab es noch weitere denkwürdige Einsätze, die nicht nur die Männer und Frauen von der Alten Landebahn in Redeschwall bringen, denn jeder Bewohner dieser Doppelstadt weiß natürlich um die Hochwassereinsätze von 2002 oder 2013. Mittlerweile reichen nicht mehr alle Finger der Anwesenden, um die unzähligen Einsätze der letzten Jahrzehnte aufzusummieren. Dabei gibt es normale oder erheiternde, aber leider auch traurige Einsätze, über die man nicht gerne spricht, aber die zur Geschichte des Ortsverbandes als auch dem THW gehören.
Zu letzteren gehört der immer noch laufende Großeinsatz im Ahrtal und an der Erft. Hier galt es wirklich, dass Bilder mehr sagten als Wörter es je könnten. „Als die ersten Berichte und Videos in den Nachrichten kamen möchte man sofort seine Sachen packen und dorthin um zu helfen“, so Florian Bittner, welcher dann auch zusammen mit anderen Kameraden im August nach Nordrhein-Westfalen fuhren um zu helfen. Mit Bagger und Kipper wurde Unrat aus den Innenstädten geschafft oder Flussläufe von angeschwemmtem Müll befreit. Hier gab es ein reibungsloses Zusammenspiel von allen Hilfsorganisationen, die man in Deutschland kennt. Selbst Rettungsteams aus Belgien, Luxemburg und Polen hat man an den westdeutschen Flussläufen helfen gesehen.
Solche Eindrücke bekommen natürlich auch die Jüngsten aus der Jugendgruppe mit und hoffen zukünftig auch bei Einsätzen mithelfen zu können. Noch aber ist dies für viele noch Zukunftsmusik, aber dennoch wird die THW-Jugend, wir nennen sie auch gerne „THW-Zukunft“, schon jetzt langsam an die Technik und Handhabung der blauen Einsatzorganisation herangeführt.
Eines hat sich in den 30 Jahren weder bei Jung oder Alt nicht geändert, jeder ist beim THW willkommen. Wer Interesse hat, kann sich beim Ortsverband melden oder freitags einfach mal vorbeischauen und ins Gespräch kommen.
Zum Schluss noch die Klärung, was es denn nun mit den Blauen Engeln auf sich hat. Das ist schnell erklärt, sagt Daniel Freyer-Gottschalk. Zu Weihnachten 1999 fegte der Orkan Lothar über Europa und es gab erheblichen Schäden in Frankreich, woraufhin auch Kräfte aus Dessau mit ihren Fahrzeugen in den Einsatz nach Frankreich gingen. Neben den blauen Fahrzeugen gab es vor 22 Jahren die heute weltbekannten blauen Einsatzanzüge für die Dessauer Helfer, welche damals ganz frisch bundesweit als neue Einsatzkleidung verteilt wurden. So titelten französische Lokalzeitungen die Dankbarkeit der Franzosen ganz simpel: „Les anges bleus“.


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